„Ich denke mir, dass die wirklichen Gewinner dieser Transaktion
die Frauen gewesen sein werden, und zwar auf beiden Seiten. Doch
lässt uns dies eine Mutmaßung an die Vorzukunft (vollendete Zukunft)
sein, die immer wieder neu gestellt werden muss.“
Gayatri Chakravorty Spivak
Archäologie der Zukunft oder prospektive Vergangenheit? Das Futur II, oder wie diese Zeitform auch genannt wird: die vollendete Zukunft, ist eine paradoxe grammatikalische Konstruktion. Diejenigen, die diese Zeit benutzen, um eine Aussage über die Welt zu tätigen, schaffen Fakten, die so noch gar nicht existieren. Sie beschreiben das Vollenden einer Handlung, die in der Zukunft liegt, aus einer vergangenen Perspektive. Das „Gemacht-haben-Werden“ überholt sich geradezu selbst. Dabei ist die vollendete Zukunft immer höchst ungewiss. Das lineare Fortschreiben heutiger Gegebenheiten ist eine der Antriebskräfte, die hinter wirtschaftlichen und technologischen Entwicklungen stehen. Gleichzeitig fehlen Vorstellungen von einem besseren Morgen und es dominiert der Wunsch nach einer Rückkehr ins gute Gestern, das es so allerdings nie gab.
Der Kunstraum Lakeside greift mit dem Jahresprogramm Vollendete Zukunft auf das vor genau 10 Jahren entworfene Programm Zukunft I zurück. Die damaligen Kurator*innen konstatierten, dass große Konzepte für die Zukunft keine Rolle im politischen oder medialen Diskurs spielen würden. Stattdessen fänden die Auseinandersetzungen mit Utopien und radikalen gesellschaftlichen Entwürfen im Feld der Kultur statt. Eine Dekade später hat sich daran wenig geändert. Angesichts der spürbaren Auswirkungen der Klimaerwärmung und der Erosion gewohnter, (geo-)politischer Ordnungen hat sich die Situation noch weiter zugespitzt: Die Zukunft selbst scheint – als Horizont für Handlungen und Entscheidung – abhanden gekommen zu sein. Der Kunstraum Lakeside stellt daher im Jahresprogramm 2021 künstlerische Auseinandersetzungen mit dem, was vielleicht gewesen sein wird, in den Mittelpunkt. Es geht darum, wie mit künstlerischen Mitteln Zukunft entworfen werden kann – ganz konkret im Hier und Jetzt. Parallel zur Konzeption zukünftiger Lösungen, an denen im Lakeside Science und Technology Park täglich auf unterschiedlichsten Ebenen gearbeitet wird, wirken so die Künstler*innen spekulativ in eine Zukunft, die das offensichtlich Gegebene hinter sich lässt.
Gayatri Chakravorty Spivak, Imperative zur Neuerfindung des Planeten, Wien: Passagen 1999, S. 80f.
Nika Kupyrova — Yaekahngai
Eröffnungstag, 23. März 2021, 12–18 Uhr
Ausstellung, 24. März – 23. April 2021
Statement #11 | Ernst Logar — Crude Oil Experiments
Performative Setzung, 6. Mai 2021, 15–19 Uhr
Anetta Mona Chişa & Lucia Tkáčová — havoC, anaeMia, A tacticaL knoT, us
Eröffnungstag, 18. Mai 2021, 15–19 Uhr
Ausstellung, 19. Mai – 25. Juni 2021
Statement #12 | Verlag für Handbücher — Sicheres Arbeiten
Performative Setzung, 1. Juli 2021, 16–20 Uhr
Statement #13 | Anna Bochkova — Philosophie der gemeinsamen Sache
Workshops, 2. September 2021, 14–18 Uhr
Eröffnung, 2. September 2021, 19 Uhr
Ausstellung, 3. – 10. September 2021
Katrin Hornek — Latent Soils
Eröffnung, 30. September 2021, 19 Uhr
Ausstellung, 1. Oktober – 5. November 2021
Statement #14 | Guilherme Maggessi & Rafał Morusiewicz — Duration Trouble (In the Meantime of a Wormhole #1)
Performances, 16. November 2021, 18 und 19 Uhr
Open Space ab 16 Uhr
Statement #15 | Eva Seiler & Johanna Tinzl — Beyond Future
Ausstellung, 14. Dezember 2021 – 18. Jänner 2022
Filmscreening, 18. Jänner 2022, 18:30 Uhr
Statement #16 | Mark Fridvalszki & Zsolt Miklósvölgyi — Eine Welt ohne jede Zukunft?
Performance, 25. Jänner 2022, 19 Uhr
Open Space ab 16 Uhr