„Was ist letztlich ein Ding, oder auch eine Person, wenn nicht
ein Bündel der Linien – der Wege des Wachstums und der
Bewegungen –, die sich in ihm oder ihr sammeln?“
Tim Ingold
„Wir müssen einen gewissen Anthropomorphismus kultivieren
– also die Vorstellung, dass menschliche Handlungsmacht in der
nichtmenschlichen Natur bestimmte Entsprechungen hat –, um dem
Narzissmus der Menschen entgegenzuwirken, die über
unsere Welt bestimmen.“
Jane Bennett
„Wissen erwächst und besteht zugleich aus der Fähigkeit
des Erkennenden, die Beziehung zum Erkannten
aufrechtzuerhalten.“
Nurit Bird-David
Je mikroskopischer wir materielle – und immaterielle – Gegenstände betrachten, desto schwieriger wird es, sie gegen ihre Umgebung abzugrenzen. Ich bin nicht zu haben ohne meine Darmflora, ohne die Mikroben auf meiner Haut, ohne die elektrischen Impulse in meinem Gehirn und die Geschichten meiner Familie, meines Milieus oder ohne meine Adresse… Wo beginne ich und wo höre ich auf? Wie sind die Grenzen zwischen organischen und anorganischen Körpern beschaffen? Und was passiert, wenn diese unterschiedlichen Entitäten aufeinandertreffen? Welche Kräfte formen diese Begegnung und wie wirken sie auf ein solches Ereignis ein?
Mit dem Jahresprogramm Beziehungsweisen konzentriert sich der Kunstraum Lakeside 2022 auf unterschiedlichste Formen von Beziehungen: Im Zentrum stehen Verbindungslinien, Verstrickungen, Bündnisse, Netzwerke oder Verwandtschaften und die ihnen zugrunde liegenden Mechanismen; es geht um die Zusammenkunft zwischen dem Menschlichen und dem Nichtmenschlichen, zwischen dem Materiellen und Nichtmateriellen, zwischen dem Organischen und Technischen, und nicht zuletzt zwischen Orten und Zeiten. Vor allem die globale Vernetzung und die Mobilität innerhalb gesellschaftlicher, politischer und ökonomischer Strukturen bringen veränderliche Lebensformen und -praktiken hervor, die sich erneuern und erweitern, um wiederum neue Tradierungen zu kultivieren. Trotz einer solchen durchaus positiven Perspektive auf globale Beziehungsformen bleiben die Elemente der gegenseitigen Bezugnahmen vielteilig, fragmentarisch, ja kaum greifbar und unübersichtlich. Das Ganze wird zu einem Mehr als die Summe der einzelnen Teile, zu einer Verkettung loser Elemente oder zu einem Gefüge, dessen Kraft sich durch das wechselnde Zueinander seiner Bestandteile immer wieder neu formt. Mit dem Jahresprogramm Beziehungsweisen geht der Kunstraum Lakeside dem weit verbreiteten Wunsch nach klaren Verhältnissen, überschaubaren Einheiten und absehbaren Folgen nach und stellt ihm Bilder zur Seite, die dem Unabgeschlossenen, der Vielfalt und dem Unbeständigen Rechnung tragen – das sind keine Bilder des Entweder-oder, sondern Bilder des Sowohl-als-auch.
Birgit Knoechl — Bald kommt der Frühling, dann werden die Steine blühen
Eröffnung, 15. März 2022, 19 Uhr
Ausstellung, 16. März – 22. April 2022
Simona Koch — Interbeing
Eröffnung, 10. Mai 2022, 19 Uhr
Ausstellung, 11. Mai – 9. Juni 2022
Statement #17 | Eva Engelbert — Auch beim Stehen in Bewegung bleiben
Performative Lesung, 14. Juni 2022, 19 Uhr
Open Space ab 17 Uhr
Statement #18 | Marie-Andrée Pellerin — Speculative Keys
Performance, 21. Juni 2022, 19 Uhr
Open Space ab 17 Uhr
Riccardo Giacconi — Sipario
Eröffnung, 27. September 2022, 19 Uhr
Ausstellung, 28. September – 4. November 2022
Jojo Gronostay — A Hymn Of Eternal Values
Eröffnung, 15. November 2022
Ausstellung, 16. November – 23.Dezember 2022
Statement #19 | Rilaben/Paz — Dear Lucy
Performative Installation, 17. Jänner 2023, 15–19 Uhr
Statement #20 | AG Minimales Reisen — Parallelprotokolle
Projektpräsentation, 25. Jänner 2023, 14–18 Uhr
Performance, 25. Jänner 2023, 17 Uhr